Screen Time - Digitale Wirklichkeiten

We Are lost? 

Tim Berresheim hat uns wieder in die virtuelle Realität gelockt und nun sind wir mitten drin. Noch wissen wir nicht, ob wir im Paradies oder in einem Inferno gelandet sind. Aber es ist ein hilfreicher Cicerone zu erkennen, der uns hoffentlich durch die Kreise dieser Schöpfung leiten wird. Es ist Giovanni Battista Bracelli, der in der Welt des Künstlers Berresheim immer wieder auftaucht, ein Künstler, der unter Künstler:innen als verlaufener Vorläufer kursiert.
Er nimmt uns mit durch fünf Stadien, die sich jedoch alle überschneiden, verschneiden, verschachteln.
Wie in Dantes Göttlicher Komödie sind es Protagonisten aus der Welt diesseits des Screen, in die wir uns verirren. Der Künstler hat Räume in Kornelimünster dreidimensional eingescant: die Krypta in der Bergkirche, die barocke Reliquien-Kapelle der Abteikirche und der Kaiser-Saal des alten Klosters. Die historischen Räume erinnern nur im ersten Augenblick an Piranesis Carceri: Die repräsentativen Architekturen sind zerschnitten, gedreht, ineinander verschoben. Aber auch ein moderner Raum schiebt sich dazwischen: ein klassischer Galerienraum. Auch ohne Cicerone haben wir uns nicht verloren – der Betrachter ist außen geblieben, wir stehen vor gerahmten Bildern, die Räume sind wie Architekturmodelle konstruiert, sie schweben in einem sphärischen Raum – ein endloser White Cube.

Dr. Marcel Schumacher